Die Schweizer Death Metaller REQUIEM haben sich mit ihrer neuen
Scheibe „Premier Killing League“ eindrucksvoll zurück gemeldet und
konnten sich im Vergleich zum Vorgänger zudem noch steigern. Anlass
genug also, um die sympathische Band einmal nach dem aktuellen Stand
der Dinge zu befragen. Ursprünglich war Gitarrist Phil für das
Interview vorgesehen, doch da dieser verhindert war, übernahm Bassist
Ralf flugs dessen Part und wusste so einiges zu berichten. Doch lest
selbst:
Metalnews: Hi, wie schaut’s derzeit aus im Lager von REQUIEM?
Kürzlich kam ja die neue Scheibe „Premier Killing League“ über
Massacre Records auf den Markt. Wie sieht denn da bisher das Feedback
aus?
Ralf: Hallo Alex, da der Phil viel um die Ohren hat, übernehme ich
das Interview. Also was die bisherigen Resonanzen auf die neue
Scheibe betrifft, könnten wir sagen, dass wir dieses Mal einiges
besser gemacht haben als bisher. Die Kritiken und Aussagen der Hörer
sind durch die Bank positiv, was ja auch nicht so selbstverständlich
sein dürfte bei der Flut an Veröffentlichungen jeden Monat. Natürlich
gab es auch kritische Stimmen, die „Premier Killing League“ auch
einfach in die Flut der 08/15-Death-Metal-Platten eingereiht haben.
Metalnews: Gehen wir doch mal etwas genauer auf das neue Album ein:
Inwiefern seht Ihr da Unterschiede und Gemeinsamkeiten in Bezug auf
den bereits starken Vorgänger „Government Denies Knowledge“? Wie
zufrieden seid Ihr im Nachhinein mit den Scheiben? Ich finde zum
Beispiel, dass eine erneute Steigerung festzustellen ist, da Ihr
unter anderem abwechslungsreicher geworden seid und öfter mal das
Tempo, wie bei „I, Terrorist“, verschleppt und Euch neben den
wichtigen Blast Beats mehr Zeit lasst, damit sich die Songs entfalten
können, oder?
Ralf: Gemeinsamkeiten mit den Vorgängerplatten sind sicher der rote
Faden in unserem Stil. Death Metal mit viel Blast, viel Groove und
dem Hang, ab und zu Grindcore- und Crust-Parts einfließen zu lassen.
Aber es stimmt schon, was Du sagst. Diesmal haben wir das alles viel
abwechslungsreicher verpackt und die guten, ‚mitreißenden’
Grooveteile weiter ausgebaut, anstatt sie gleich wieder
wegzublasten?
Mit der neuen Scheibe sind wir auf jeden Fall sehr, sehr zufrieden;
vor allem was den Sound angeht. Der Vorgänger „Government Denies
Knowledge“ war da in punkto Gitarrensound und Drums etwas zu
klinisch, bzw. eindimensional. Diesmal ist alles da, wo es hingehört,
und viel dynamischer.
Metalnews: Ihr habt dieses Mal alles - von den Aufnahmen im Stage
One Studio bis zum Mastering - in die Hände von Andy Classen gelegt?
Gab es dafür bestimmte Gründe? Wie seid Ihr auf ihn gekommen? Wie war
der Studioaufenthalt? Der Sound ist jedenfalls schön druckvoll
geworden und erinnert mich vor allen Dingen an die MALEVOLENT
CREATION-Alben „Retribution“ und „The Will To Kill“…
Ralf: Andy Classens Stage One Studio war eigentlich ein Vorschlag
unseres Labels Massacre. Die haben ihm die letzte CD zugeschickt und
er war daran interessiert, mit uns zu arbeiten. Über den Aufenthalt,
welcher doch zwei Wochen dauerte, gibt es durchaus nur Positives zu
berichten. Andy hat so eine spezielle Atmosphäre in seinem Studio,
welche einem als Musiker sämtlichen Stress nimmt. Dadurch folgte
automatisch eine bessere Konzentration und schnelleres Arbeiten. Auch
was die Arrangements betrifft, hat er uns tatkräftig unterstützt und
zum Endprodukt beigetragen. Am letzten Tag wollten wir eigentlich
auch gar nicht mehr so richtig nach Hause... Zudem zeigte er uns,
dass er unsere neuen Songs wirklich mag und sich dementsprechend noch
mehr reinhängte.
Vielen Dank für den Vergleich mit „The Will To Kill“. In dem Fall
haben wir mit Andy Classen wirklich eine gute Wahl getroffen. Es wird
wohl auch nicht die letzte Zusammenarbeit mit ihm gewesen sein.
Metalnews: Beim Vorgänger habt Ihr ja Jean-François Dagenais
[KATAKLYSM] das Abmischen überlassen, was sich sicherlich aufgrund
der geographischen Entfernung und der Zeitverschiebung etwas
kompliziert gestaltete, oder? War dies einer der Gründe, die neue
Scheibe im benachbarten Deutschland unter Dach und Fach zu bringen
und quasi direkten Augenkontakt mit dem Produzenten und Mixer zu
haben?
Ralf: Wie gesagt war die Wahl des Stage One ein sehr glücklicher
Zufall. Natürlich war uns klar, dass wir diesmal vom ersten bis zum
letzten Ton alles mit der gleichen Person machen wollten. Beim
Vorgänger war dies alles schon recht zerstückelt. Zudem musste Phil
sich viele Nächte um die Ohren hauen, um mit J.F. Dagenais per
Internet den Endmix abzusprechen. Höllisch anstrengend und
zeitintensiv, obwohl das Endergebnis sehr gut geworden ist - den
Umständen entsprechend. Diesmal war es da schon einfacher.
Metalnews: Sowohl Eure Texte als auch Cover heben sich positiv von
der Tod-und-Teufel-Thematik vieler Bands ab, sodass Ihr eher in den
Bereich solcher Bands wie NAPALM DEATH rückt, die zwar auch
Totenschädel auf dem Cover haben, aber hauptsächlich – eher
sozialkritische - Texte zu alltäglichen Problemen haben. Erzähl doch
mal ein wenig zu dem Cover und dessen Symbolik, auch wenn der
Aktenkoffer mit dem Dollar-Zeichen für sich schon eine deutliche
Sprache spricht. Für das Artwork war zudem erneut Anthony Clarkson
zuständig – wie kam da überhaupt die Zusammenarbeit zustande und was
bewegte Euch dazu, diese fortzusetzen?
Ralf: Wie Du schon treffend bemerkt hast, ist das Cover sehr
sozialkritisch angelehnt. Im Prinzip geht es doch darum, dass Profit-
, Geld- und Machtgier vor nichts halt machen. Die Reichen werden
immer reicher und die Armen immer ärmer. Die Unzufriedenheit wächst
mit all ihren teuflischen Auswirkungen! Diese Themen wurden dann von
Anthony Clarkson bildlich umgesetzt. Die Zusammenarbeit lief hier
auch wieder über Massacre. Wir alle fanden, dass das neue Cover schon
recht eindrucksvoll geworden ist und im Prinzip jeden einzelnen Song
der neuen Scheibe reflektiert. Das Dollar-Symbol könnte aber auch
genauso gut das Euro-Symbol oder jede andere bekannte Währung sein.
Metalnews: Inwiefern stehen Cover und Texte in Zusammenhang
zueinander? Sicherlich kannst Du Dich dazu problemlos äußern,
schließlich bist Du zusammen mit Michi [vocals] für die Lyrics
zuständig. So wäre beispielsweise der Text zu „I, Terrorist“ sicher
von Interesse! Ist das ein Statement zu 9/11? Wie schaut es mit „The
System Has Failed“ und „The Great Masquerade“ aus? Welche Themen
verarbeitet Ihr und was ist in diesem Zusammenhang für Euch wichtig?
Und wie seid Ihr auf den Titel des Albums gekommen und wie ist dieser
zu verstehen?
Ralf: Da hast du ja gerade den richtigen erwischt, wenn es um die
Texte geht, welche ich in Absprache mit Michis Ideen geschrieben
habe. „Premier Killing League“ bezieht sich zum Beispiel auf die
reichen, mächtigen und wohlbekannten Persönlichkeiten dieser Welt,
welche sich einen Dreck um das Leben oder den Tod von
Hunderttausenden von unterprivilegierten Menschen kümmern. „I,
Terrorist“ ist allerdings kein zweimillionstes Statement zu 9/11,
sondern befasst sich mit den Folgen des Terrors. Maximale
Flughafensicherheit, zum Beispiel das Misstrauen gegenüber
fremdaussehenden Personen, welches oftmals von den Medien noch
geschürt wird, und das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher
Glaubensrichtungen, was ja vorher schon schwierig war. Alles wird „verterrorisiert“ und angeprangert, da die Gesellschaft durch
Medienbeeinflussung übersensibilisiert wird. Darum geht es. Natürlich
ist klar, dass jeder irgendwie Vorurteile und Ängste in sich trägt.
Nur ist es unserer Meinung nach wichtig, darüber zu reden. „The System Has Failed“ ist eine Aneinanderreihung von Themen,
welche allabendlich in den Nachrichten gezeigt werden, und wieder mal
aufzeigt, dass es nicht gut bestellt ist um diese Welt, in der die
großen Systeme offensichtlich nicht funktionieren. „The Great Masquerade“ war mein Anliegen, die Lügen und Leugnungen
der Institution Kirche aufzuzeigen und zum Nachdenken anzuregen. Wie
kann es sein, dass sich eine Kirche (damit sind aber auch andere
gemeint) über 2000 Jahre am Leid anderer bereichert und sich noch als
Menschenfreund und alleiniges Seelenwohl darstellt? Auch die Kirche
als Institution wurde schon seit jeher von der Machtgier einiger
Menschen beeinflusst, wie man sich dann die gewaltsame Bekehrung von
Millionen Menschen erklären kann. Dies jedoch abzustreiten oder
totzuschweigen passt meiner Ansicht dann aber nicht zu der sonst so
wohlwollenden, vordergründigen und doppelmoralischen Haltung.
Allgemein befinden sich sehr viele sozialkritische Texte auf der
Platte. Der Rest besteht aus der Verarbeitung von persönlichen
Erfahrungen und psychologischen Themen.
Metalnews: Wie lief eigentlich vor einem knappen Monat die CD-
Release Party in Zürich, die das Heavymetal.ch-Festival als Rahmen
hatte, auf dem unter anderem noch BENEDICTION, CATARACT und MUMAKIL
zockten? Wie waren da die ersten Reaktionen des Publikums auf die
neuen Songs?
Ralf: Zum Glück wurde die Show mit vier Kameras mitgefilmt. Der
Laden war fast ausverkauft und es waren einige Leute dabei, die sich
während unseres ganzen Sets die Rübe abbangten, Crowdsurfing
betrieben oder sonst irgendwie wild in der Gegend umher sprangen. Von
daher, denke ich mal, war die erste Livepräsentation ein voller
Erfolg. Die Tatsache, dass wir auch viele Exemplare der neuen CD
verkauften, dürfte auch für sich sprechen.
Metalnews: Stimmt es, dass Euer zweiter Gitarrist Ralph
[Inderbitzin] angekündigt hat, aus der Band auszusteigen? Wieso,
weshalb, warum, und wurde vielleicht bereits ein Ersatz gefunden?
Ralf: Ja, das stimmt. Ralph hatte vor einigen Wochen angekündigt,
dass er aufhören wolle. Er hat einfach keine Lust mehr, Gitarre zu
spielen, und möchte sich lieber auf andere Dinge wie Kampfsport
konzentrieren. Für uns war das schon schwer zu verstehen, allerdings
akzeptieren wir seine Entscheidung.
Mittlerweile hatten wir einige Interessenten zum Vorspielen
eingeladen und werden es jetzt mal mit einem dieser ‚Kandidaten’, der
früher bei einer bekannteren Schweizer Death-Metal-Band gespielt
hatte, versuchen. Vom Menschlichen wie vom Spielerischen her müsste
das wirklich gut passen. Wir werden sehen, was die nächsten Wochen
bringen.
Metalnews: Kommen wir mal auf die Touraktivitäten von REQUIEM zu
sprechen: Ihr wart ja auf der „Brutal Session Tour 2006“ von
DISMEMBER dabei: Wie lief das damals für Euch und wie kamt Ihr mit
den Vorbands INFERNAL POETY und DEBAUCHERY sowie den schwedischen
Headlinern zurecht? Gibt es da irgendwelche interessanten Anekdoten
zu berichten?
Ralf: Vom menschlichen Aspekt her war die Tour absolut perfekt.
DISMEMBER sind mittlerweile gute Bekannte, ja fast schon Freunde
geworden. Mit INFERNAL POETRY haben wir auch ab und an noch Kontakt,
meist aber per E-Mail. Wir waren ja während dieser Tour mit
DEBAUCHERY in einem Bus, was auch sehr gut funktionierte, obwohl sie
unter sich irgendwie anscheinend einige Probleme hatten. Wir kamen
aber mit allen gut klar und hatten allnächtlich ziemlich viel Spass,
was die verwackelten Videoaufnahmen unserer Homecam beweisen. :-)
Anekdoten gibt es so einige, obwohl ich da nicht zu viel verraten
darf. Oftmals war es aber so, dass alle Bands nachts beim Einladen
schon recht verplant waren, so dass sich das immer zu einem
Tetrisspiel entwickelte, bei dem alle meistens so am Lachen und
Grölen waren, dass keiner mehr was tun wollte. Der völlig verplante
Tourwahnsinn halt.
Metalnews: Ansonsten spielt Ihr derzeit ja eher einzelne Gigs [so
zum Beispiel mit NILE im letzten Jahr und neulich BENEDICTION],
während die vergangenen Jahre durch größere Touren geprägt waren -
abgesehen von der eben erwähnten Tour mit DISMEMBER wart Ihr auf der „Vital Brutality“-Tour von VITAL REMAINS im Jahr 2005 mit am Start.
Wie schaut es bezüglich einer größeren Tour mit einer ähnlichen
großen Band in naher Zukunft aus, um „Premier Killing League“
möglichst gut zu promoten? Gibt es da schon irgendwelche druckreifen
Pläne? Unter anderem wurde ja vor ein paar Tagen eine Mini-Tour mit
VADER für Mitte Juni angekündigt…
Ralf: Im Grunde läuft alles etwas langsamer an, als dies bei den
letzten Platten der Fall war. Im Juni gehen wir wie gesagt nach der
Show am Queens Of Metal Open Air in Franken mit VADER und DRAGONLORD
auf Tour durch England und Holland. Was dann sonst kommt, ist noch
nicht sicher. Für den Herbst haben wir hier in der Schweiz noch ein
paar Indoor-Festivals. Wir gehen aber davon aus, dass wir im Herbst
2007 nochmals auf eine größere Tour gehen werden. Mittlerweile hat
sich eine professionelle Booking Agentur unserer Interessen
angenommen und der Kontakt zu Massive Music aus Polen besteht auch
schon.
Man darf also gespannt sein, was da noch so kommt dieses Jahr.
Spruchreif ist jetzt noch nichts, aber es läuft schon einiges. Aber
wenn es auch andere Interessenten gäbe, uns auf eine Tour
mitzunehmen, meldet Euch bei uns: www.requiem-net.com.
Metalnews: Was wäre denn Eure favorisierte Kombination für eine
Tour? Mit welchen Bands wärt Ihr denn gerne mal unterwegs? Wünsche?
Träume? Vielleicht MALEVOLENT CREATION oder NAPALM DEATH?
Ralf: Diese Frage ist bei unserem unterschiedlichen musikalischen
Background keine einfache. Für mich wäre es auf jeden Fall BOLT
THROWER. Die beiden oben genanten sicher auch, da wir mit denen ja
schon Bühnen teilen durften. PUNGENT STENCH und/oder GOREROTTED bzw.
SUFFOCATION wären für mich musikalisch, wie vom Humor und vom
Menschlichen her sicher auch interessant. Ein Tourpackage mit einem
größeren Headliner und verschiedenen Musikstilen aus Death Metal,
Thrash und Hardcore wäre natürlich fantastisch, um mehr Leute zu
ziehen und für Abwechslung zu sorgen.
Metalnews: Außerdem steht ja auch im Rahmen dieser Mini-Tour die
von Dir bereits erwähnte Show auf dem Queens Of Metal Open Air in
Kleinwenkheim an. Wie steht Ihr denn zu Festivals an sich und im
Vergleich zu kleinen Clubshows, die eine ganz andere Atmosphäre mit
sich bringen?
Ralf: Festivals im Sommer, wenn es nicht regnet, sind fantastisch.
Fast wie Urlaub fernab der Realität. Allerdings bedeuten Festivals
für kleinere Bands wie uns immensen Stress bezüglich Umbaupausen,
Übernachtung (oftmals im Auto) und wenig bis keine Gagen. Dafür
erreichen wir auf einmal viel mehr Leute als sonst und treffen so ab
und zu die eine oder andere befreundete Band. Ich persönlich spiele
im Sommer viel lieber draußen, da ja ansonsten auch viel weniger
Leute zu einem Clubkonzert kommen. Muss wohl an den leckeren
Grillwaren liegen. :-)
Metalnews: Letztes Jahr wart Ihr auf dem Up From The Ground Open
Air und habt da, trotz nachmittäglicher Zeit, eine sehr ansprechende
Leistung in der Euch zugestandenen halben Stunde Spielzeit hingelegt,
in deren Verlauf Ihr sichtlich Spaß hattet! Wie war das für Euch, auf
denselben Brettern wie die Szenegrößen SUFFOCATION, MORBID ANGEL oder
OBITUARY zu stehen und zu zocken?! Wie lief das Festival für Euch?
Ralf: Musikalisch wie auch für unser Merchandise war es sehr
erfolgreich. Zudem trafen wir dort auf unsere Labelkollegen von
LEGION OF THE DAMNED, woraus sich ein feuchtfröhlicher Abend
entwickelte. Auch die eine oder andere Unterhaltung mit den
sogenannten „Szenegrößen“ war spaßig. Und zudem waren unsere Kumpels
von DISMEMBER da. Auch toll. Der Matsch, die Kälte im Auto nachts und
der krumme Rücken waren eher nicht so arg lustig. Aber na ja, was tut
man nicht alles für den Metal? :-)
Metalnews: Wie beurteilt Ihr eigentlich Eure Szene in der Schweiz?
Ich selbst habe irgendwie das Gefühl [wohl bedingt durch die
Grenznähe], dass es zwar einige gute und viel versprechende Bands
gibt, wie beispielsweise natürlich ihr selbst, CENSORED [die neulich
im Vorprogramm von SUFFOCATION in Zürich zu überzeugen wussten] oder
MUMAKIL, dass diese aber über die Grenzen hinaus leider nicht so
wahrgenommen werden, wie sie es verdient hätten… Wie siehst Du das?
Ralf: Das trifft definitiv zu, es gibt heute wie auch schon früher
einige talentierte, sehr gute Bands, wie zum Beispiel auch PIGSKIN,
die sich den Arsch aufreißen, aber irgendwie den Schritt über die
Landesgrenze hinaus nie richtig geschafft haben. Zum einen mag es
daran liegen, dass die Labels, welche hier wirklich was bewegen
könnten, viel kommerzieller ausgerichtet sind, und zum anderen fehlt
vielen auch der Antrieb oder der nötige Biss, bzw. das
Durchhaltevermögen. Viele sehr gute Bands lösten sich auf, kurz bevor
es richtig losgegangen wäre. Und zudem spielt die Schweiz wohl auf
der Landkarte des europäischen Metalfans und der größeren, vor allem
deutschen Metallabels anscheinend nicht unbedingt eine sehr große
Rolle.
Metalnews: Wie ist denn der Kontakt zu anderen Bands, auch
international gesehen, schließlich steht Ihr den oben erwähnten
NAPALM DEATH, KATAKLYSM oder MALEVOLENT CREATION nicht nur
musikalisch sehr nahe, sondern seid beispielsweise mit letzteren auch
befreundet? Wie sieht es da zum Beispiel mal mit Touraktivitäten in
den US of A aus, sofern dies zeitlich und arbeitstechnisch möglich
wäre?
Ralf: Wenn dies irgendwie möglich wäre, würden wir das sicherlich
tun. Bloß ist dies auch eine finanzielle Frage, da eine Tour auf
einem anderen Kontinent durch die Flugpreise zusätzliche Kosten
verursacht. Viele Agenturen oder auch Labels scheuen natürlich davor
zurück, so etwas zu finanzieren, da es ja keinen Garant für einen
Erfolg gibt.
Was wir uns aber schon vorgestellt haben, ist, auf einem der
zahlreichen Death-Festivals an der Ostküste der USA zu spielen.
Momentan, denke ich aber, sind wir noch zu klein und unbekannt dort
drüben, um dort etwas aufzureißen.
Metalnews: In diesem Zusammenhang kommt dann auch gleich die
nachhakende Frage, wo Eure musikalischen Einflüsse liegen?
Lieblingsbands und Haupteinflüsse? Was zieht Ihr Euch davon abgesehen
so privat an Musik rein?
Ralf: Da ist bei uns, wie gesagt, das Spektrum sehr breit.
Angefangen bei Michi, der sehr gerne alte Punk und Crust-Bands hört,
aber auch Schweizer Mundart-Rap nicht abgeneigt ist. Ralph hatte
einen starken Black-Metal-Hintergrund mit IMMORTAL, usw. Phil ist der
absolute Death- und Grind-Hörer, wie BRUTAL TRUTH, TERRORIZER,
SKITSYSTEM, SUFFOCATION, NAPALM DEATH, OBITUARY, usw. Reto steht auf
hyperschnelle Sachen wie z.B. BELPHEGOR, NAPALM DEATH und DEICIDE,
aber auch auf das genaue Gegenteil wie SAINT VITUS, CATHEDRAL und
PLACE OF SKULLS. Ich bin sehr 80er-Thrash beeinflusst mit Bands wie
OVERKILL, EXODUS, DESTRUCTION und auch DEMOLITION HAMMER und
FORBIDDEN, habe aber auch alle Platten der ersten, frühen Death-Metal-
Welle zu Hause, die ich öfters höre, wie DEATH, POSSESSED, AUTOPSY,
die ganzen schwedischen Sachen wie ENTOMBED, etc. Und natürlich waren
und sind seit jeher BOLT THROWER meine Topfavoriten. Zur Zeit habe
ich mal wieder eine Doom- und Rock-Phase mit SAINT VITUS, ORANGE
GOBLIN und ALABAMA THUNDERPUSSY und BLACK LABEL SOCIETY.
Metalnews: Wie schaut es eigentlich mit der Zusammenarbeit mit
Massacre Records aus? Seid Ihr zufrieden mit Eurer Entscheidung? Über
wie viele Alben geht eigentlich der Deal und was erhofft Ihr Euch
auch vor allem in Zukunft von der Zusammenarbeit mit Eurem deutschen
Label?
Ralf: Gutes Thema. In Bezug auf die Vertriebsarbeit leisten
Massacre sensationelle Arbeit. Die letzten zwei Platten gibt es
wirklich überall auf der Welt zu kaufen, und das nicht nur über
Amazon oder so. Was die Unterstützung für Tourneen und
Anzeigenschaltung angeht, hatten wir uns mehr erhofft, haben aber
allerdings mittlerweile alles in die eigene Hand genommen. Konkret
hätten wir noch Optionen ausstehen für Platten mit ihnen. Wir werden
sehen, was die Zukunft bringt. Für uns ist es eigentlich schon
ziemlich klar, dass wir im Laufe des Jahres 2008 die nächste Platte
machen wollen. Wann konkret wissen wir noch nicht so genau.
Und bis dahin lassen wir erstmal alles so laufen, wie es ist, und
sind mit jeglicher Art von Unterstützung zufrieden.
Metalnews: Wie steht Ihr denn zu den leider zunehmenden rechten
Tendenzen in der Szene - Stichwort vor allem, aber nicht nur, NSBM -,
gerade wenn man sich zum Teil auf manchen Festivals oder Mailorder-
Katalogen umschaut? Ihr hattet ja beispielsweise den Titel „Sonderkommando 12“ auf „Government Denies Knowledge”, der mit seinem
Text klar Stellung zu beziehen scheint [„They lead them into certain
death, Selling their people to the SS, Hired by the masters in black,
Cleansing with gas to the last breath…”]. Habt Ihr da selbst schon
eher negative Erfahrungen machen müssen? Inwiefern beurteilt Ihr
diese beunruhigende Entwicklung? Versteht Ihr Euch selbst als
politische Band? Findet Ihr, dass Musik und Politik nichts
miteinander zu tun haben [sollten], beziehungsweise, dass unabhängig
von jeglichen Ideologien und Inhalten eigentlich nur die Musik zählt,
wie so oft in Diskussionen, vor allem in Internet-Foren, betont
wird?
Ralf: Wir sind definitiv keine politische Band und benutzen unsere
Musik und Texte auch nicht dazu. Komisch ist nur, dass man, wenn man
zu politischen Themen befragt wird und eine klare Aussage macht,
sofort in die Politikecke geschoben wird. Wir haben eine klare
politische Meinung und sagen die auch, wenn wir gefragt werden. Wir
ziehen aber nicht los und nutzen die Musik zum Transportieren und
Verbreiten dieser Meinung. Zudem sind wir 5 Personen in der Band und
nicht alle haben exakt die gleiche Meinung zu politischen Themen.
Dennoch finden wir es wichtig, dass Dinge gesagt werden, die in der
Welt schief oder falsch laufen. Und dazu gehören auch die zum Teil
rechten Tendenzen in der Metalszene. Odin, Thor und andere
Geschichten nordischer Mythologie, usw. - kein Problem. Aber nicht
wenn dies als Anlass genommen wird zur Begründung von irgendwelchen
abstrusen, hirnlosen Rassenlehren. Wir leben im Jahr 2007 und
eigentlich sollte man meinen, die Menschheit hätte was aus dem
Nationalsozialismus und den Verbrechen dieser Zeit oder auch anderer
faschistischer Verbrecher der Neuzeit gelernt. Leider ist dies nicht
der Fall und es lassen sich immer noch viele, zum Großteil jüngere
Leute blenden vom Hass gegenüber anderen, denen man die Schuld für
die eigenen und gesellschaftlichen Probleme in die Schuhe schieben
kann.
Probleme hatten wir, bis auf einige asserfüllte E-Mails, bisher
nicht. Und das soll auch so bleiben. Unsere wenigen klaren Aussagen
haben etwas mit gesundem Menschenverstand zu tun und nicht mit
Politik. Ich denke, im Metal geht es um etwas anderes als Politik,
sondern um Spaß, Teil einer Szene zu sein, ursprüngliche Rebellion
gegen das Normalotum. Natürlich finde ich auch, dass Musik bzw. Texte
auch anregen sollen zum Nachdenken. Dennoch ist Metal Metal und keine
Tagung im Bundestag.
Metalnews: Okay, gutes Schlusswort! Dann erst einmal vielen Dank
für Deine Zeit und die ausführlichen Antworten! Viel Erfolg mit „Premier Killing League“! Magst Du noch irgendetwas an die Leser
loswerden?
Ralf: Vielen Dank an alle, die uns unterstützt haben und weiterhin
unterstützen. Kommt zu unseren Shows - wir ballern Euch dafür die
Rübe weg. Stay Metal, Stay Loyal!
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