Stavenhagen?!? Das war meine erste Reaktion, als ich dieses Wort gelesen hatte. Ein Blick auf die Landkarte verriet mir, dass sich das kleine Örtchen etwa südöstlich von Rostock befindet und mein Routenplaner spuckte satte 266 Kilometer aus. Der Grund für diese Reise war das BANDS BATTLE Festival, das zum zweiten Mal seine Tore öffnete. Neben ein paar bekannteren Special Guests waren ausschliesslich Gruppen aus dem Underground am Start, was mich besonders an diesem Event reizte. Ausserdem ist es schön, auch mal wieder etwas Neues in den eigenen Festivalkalender einzutragen. Also hiess es erneut, die "Wacken" erprobte Ausrüstung ins Auto zu packen und natürlich durfte die Verpflegung und ein wenig Alkohol nicht fehlen. Nach dreieinhalbstündiger Fahrt erreichte ich das Gelände rund um das Tankhaus, in welchem die Combos aufspielen sollten - insofern war es kein "echtes" Open Air. Der Zeltplatz befand sich schräg gegenüber und dort wurde ich gleich von meinen Nachbarn zum Sekt eingeladen. Dieser freundschaftlichen Atmosphäre sollte ich an diesem Wochenende noch öfters begegnen. Leider durften die Autos nicht beim Zelt stehen bleiben und mussten neben der Halle geparkt werden, was aber auch seine Vorteile hatte, so konnte man zwischen den Auftritten draussen "nachtanken". Nachdem die Resonanz im letzten Jahr wohl ziemlich dürftig ausgefallen war, kamen dieses Mal deutlich mehr Zuschauer, vornehmlich aus den neuen Bundesländern.
Gegen 15:20 Uhr fiel der Startschuss und BANISHED REALITY durften vor spärlichem Publikum, das mehrheitlich aus Bands bestand, das Festival eröffnen. Die meisten Leute waren vermutlich noch auf Arbeit oder sie kamen erst am Samstag, was ja ebenso möglich war, denn es wurden auch Tageskarten verkauft. Die Niedersachsen legten dennoch eine anständige Performance hin, begünstigt durch den guten und fetten Sound, der durchaus in der Lage war, das soeben eingenommene Mittagessen kräftig durchzurühren. Eine gute Leistung absolvierten überhaupt die Männer am Mischpult, denn die Qualität hielt sich den ganzen Freitag und Samstag über, schlechter wurde es erst am Sonntag. Nach dreissig Minuten hatte ich die erste Death Metal Dröhnung hinter mir, überhaupt hatten sich gut achtzig Prozent der Akteure dem Death/Thrash oder Black Metal verschrieben. Dann folgten VINTRAS, ebenfalls aus Schröder-Country, mit Kriegsbemalung und das bedeutete natürlich Black Metal, auch hier wurde eine ordentliche Show abgeliefert. Nun gab es zur "Abwechslung" (haha) mal wieder Death Metal aus Schleswig-Holstein in Form von INFESTED, auch ganz nett anzuhören, bis jetzt gab es allerdings noch keine Überflieger zu vermelden. Daran änderte auch der Auftritt der etwas schrägen Kapelle Namens OSH nichts, die so viele verschiedene Stilrichtungen in ihre Stücken integrieren, dass sie nur sehr schwer zu kategorisieren sind. REAPER aus Kassel hatten einen schweren Stand, das lag daran, weil sie "normalen" Heavy Metal spielten und die angereisten Mosher aufgrund des Billings natürlich einen etwas anderen Geschmack hatten. Kurz nach 19:00 Uhr war die Zeit für den ersten Headliner gekommen, es waren drei pro Abend eingeplant und FLESHLESS aus Tschechien spielten ein gutes Set, ohne mich jedoch vollständig zu überzeugen. Das Einzige, was mich ein wenig überraschte, war die Tatsache, dass man ohne Bassist auf der Bühne erschienen war. Das Tankhaus war jetzt besser gefüllt und es wurde ordentlich gemosht und gebangt. Die Formation ROOT konnte leider nicht spielen und es folgte das, was wir leider vom letztjährigen Wacken Open Air kannten - die Running Order wurde kräftig durcheinander gewürfelt, was auch noch dadurch verstärkt wurde, dass Belphegor sich verspätet hatten. Doch nun mal der Reihe nach: Es wurden die Auftritte von insgesamt drei Bands vorgezogen, wodurch ich nun früher als geplant in den Genuss der Schweizer Gruppe REQUIEM kam, die einen super Gig spielten und mit zu den Besten am heutigen Freitag zu zählen waren. Klasse Death Metal und ein mit Tattoos übersäter Frontmann, einfach nur geil! Eine weitere positive Überraschung waren PREJUDICE, die aus Belgien angereist waren und wie soll es anders sein, ebenfalls Death Metal im Programm hatten. Damit war mal wieder bewiesen, dass die vermeintlich kleinen Underground Bands, den "grossen" durchaus das Wasser reichen oder sie sogar in vieler Hinsicht übertrumpfen können. Durch die ganze Verschiebung habe ich leider ENDSTILLE fast komplett verpasst, es muss wohl aber wieder eine gelungene Darbietung der Kieler Extrem-Black Metaller gewesen sein, jedenfalls wurde darüber später noch auf dem Zeltplatz philosophiert. Wer diese Energiebündel schon einmal live gesehen hat, wird wissen, was ich meine und deshalb wurde auch eine Zugabe gefordert. Mit gut zwei Stunden Verspätung erschienen dann endlich BELPHEGOR, um zur Mitternachtszeit ordentlich abzurocken. Highspeed Death Metal und ein starker Drummer waren das solide Fundament für die Österreicher, die überzeugen konnten und einen würdigen Headliner abgaben. In die gleiche Kerbe hauten auch ANCIENT EXISTENCE, die jedoch keine besonderen Akzente mehr setzen konnten. Ein gelungener erster Tag neigte sich dem Ende entgegen und ich machte mich auf in Richtung Zeltplatz, wo ich jedoch kaum Schlaf bekommen sollte. Eine Gruppe von Rabauken hatte es leider geschafft, ihr Auto dort stehen zulassen und so gab es die ganze Nacht über volle Beschallung, da hatte ich mich wohl zu früh gefreut.
Nach vielleicht zwei Stunden Schlaf begab ich mich am nächsten Morgen zum Imbiss, der im Tankhaus integriert war und nahm erst mal ein kräftiges Frühstück und einen Becher Kaffee zu mir, damit ich den folgenden Tag überstehe. Den Opener am Samstag machten die aus der Nähe stammenden Thrasher VAE VICTIS, die schönen Old School Thrash darboten, das Ganze im Destruction Outfit vergangener Tage. HELLBLAZER hatten coole, lustige Klamotten an und knüppelten so eine Art Death/Grindcore, aber da schaue ich mir lieber das Original (Macabre) an, wobei man die beiden natürlich nicht unbedingt vergleichen kann. Es folgten mit THRONEAEON aus Schweden, sowie QUASIMODO und DEFENDING THE FAITH, drei Truppen, die keinen besonderen Eindruck bei mir hinterlassen hatten. Das änderte sich erst wieder mit den Polen von PERVERSE, die deutlich aus der Menge hervorstachen und hammerharten Death Metal im Gepäck hatten. Mit INTERNAL SUFFERING hatte sich ein echter Exot ins Billing gemischt, denn die stammen tatsächlich aus Kolumbien (Wahnsinn!), sie waren soweit okay, ähnlich wie STURM, die ihre Musik als nordische Härte bezeichnen und über einen charismatischen Sänger verfügen. Von STRINGFACE habe ich nichts mitbekommen, schliesslich braucht man auch mal eine Pause. Jetzt wurde es wieder evil auf der Bühne, denn CREATURE aus Stuttgart waren mit reichlich Nieten ausgestattet, was sich aber nur auf die Klamotten bezog, denn musikalisch konnte das Quintett mit ihrem gemächlichen Black Metal durchaus überzeugen. Der nächste Special Guest war an der Reihe, in diesem Fall SANATORIUM aus der Slowakei und es verhielt sich ähnlich wie gestern bei ihren Kollegen aus der Nachbarrepublik. Die Band war ganz nett anzuschauen und anzuhören, konnte mich aber nicht wirklich vom Hocker reissen. Von meinem heimlichen Favoriten, SATANIC SLAUGHTER, wurde ich indes nicht enttäuscht, sie wurden ihrer Rolle voll und ganz gerecht. Spätestens seit ihrer letzten Scheibe "Banished To The Underworld" stehen sie in meiner Beliebtheitsskala ganz weit oben. Und genauso wie das letzte Album, begann auch der Gig: "We are the bringers of Armageddon!", brüllte Shouter Andreas Deblen durch die Halle und dann gab es sechzig Minuten Schwerstarbeit für die Nackenmuskeln. Ob besagtes "Bringers Of Armageddon" oder "One Night In Hell", die Meute ging ab wie Schmidt's Katze, das war Black Metal der Extraklasse. Das geniale bei den Schweden sind die Thrash/Mosh Parts, die in fast allen Stücken enthalten sind. Somit wird verhindert, ass die ganze Zeit im Eiltempo durchgeprügelt wird. Und man setzte noch einen drauf in Form von "Flag Of Hate" von Kreator, woraufhin natürlich lautstark eine Zugabe verlangt wurde, welcher die Skandinavier auch nachkamen. Puh, erst einmal durchatmen und Luftholen, denn jetzt waren eigentlich MASTER an der Reihe, doch der Veranstalter teilte dem bis dahin ahnungslosen Publikum mit, dass die Amis nicht spielen können, weil sich der Gitarrist beim Fussball (oder Football) die Rippen gebrochen hat. Dazu kann sich jetzt jeder seine eigene Meinung bilden, jedenfalls war der Unmut in der Menge sehr gross, scheinbar waren nicht wenige gekommen, um den alten Paul Speckmann zu sehen. An dieser Stelle gab es keine grossartige Veränderung in der Running Order, bevor jedoch SPECTRAL starten konnten, wurden zunächst zwei riesige Kerzenständer mit daran befestigten Fackeln aufgebaut. Alle Bandmitglieder waren mit Warpaints versehen und der Sänger übte sich sogar noch erfolgreich im Feuerspucken, wobei bei mir sofort die Alarmglocken angingen, denn ich musste an den Unfall vom Great White Konzert in Amerika denken und suchte schon einmal den Ausgang. Zur Sicherheit stand die Security aber schon mit dem Feuerlöscher bereit, ein Lob an die Veranstalter. Zu hören gab es von den Jungs so eine Art Black Viking Power Metal, das trifft die Sache ganz gut. Der nächste Act wurde vom Hallensprecher besonders angekündigt, denn mit SIRENS folgte eine True Metal Band und man wollte vermutlich den Abgang der Besucher verhindern. Was dann folgte, konnte man als peinlich oder amüsant bezeichnen, denn der Frontmann hielt einer leicht bekleideten Dame ein riesiges Schwert an die Kehle, bevor die Akteure in die Saiten hauten (der hatte wohl zu oft Highlander gesehen). Sirens standen mit ihrer Art von Musik natürlich auf verlorenem Posten und der Sänger erwies sich als schlechter Verlierer, denn er tat seinen Unmut darüber auch noch kund. Nach einigen Songs verliess auch ich das Tankhaus, schliesslich war es wieder ein anstrengender Tag gewesen und ich machte mich ein zweites Mal auf zu meinem Schlafgemach, in der guten Hoffnung, dieses Mal etwas mehr Ruhe zu bekommen. Anfangs war ich noch guter Dinge, denn der Wagen von gestern stand nicht mehr da, aber nun waren es die Zeltnachbarn, die diese Nacht zum Tag machten.
Am Sonntag standen nur noch Gruppen aus der Umgebung auf dem Programm, einerseits eine gute Idee, aber andererseits sollten sich die Veranstalter überlegen, ob sie in Zukunft vielleicht nicht lieber doch darauf verzichten. Ein Grossteil der müden Krieger verliess bereits an diesem Morgen das Schlachtfeld und so hingen diverse Musiker eher lustlos auf dem Parkplatz rum, mit der bösen Vorahnung, vor leeren Rängen spielen zu müssen. Um 11:15 spielten DEAD REMAINS auf, doch oh Schreck, wo war nur der gute Sound der vorangegangenen Tage geblieben? Das war schon ein kleiner Schock, das klang ja wie im Proberaum - vom Schlagzeug war zu Beginn fast gar nichts zu hören (es war wohl ausgetauscht worden). Nach einigen Liedern wurde es etwas besser, vieles war aber immer noch schrecklich mit anzuhören. Das war ziemlich schade, denn die Akteure auf der Bühne mühten sich redlich. Mir und den wenigen, die noch ausgeharrt hatten, gefiel der Death Metal von DEAD REMAINS jedenfalls gut, für die Umstände konnten sie ja nichts. Danach hiess es für mich Abschied nehmen von einem tollen Festival, guter Musik, neuen Bekannten und einer überaus netten Security, das möchte ich an dieser Stelle noch erneut betonen. Eine gelungene Veranstaltung, die den Underground würdigt und humane Preise hat, besonders was die Verpflegung betrifft. Aufgrund der gestiegenen Zuschauerzahlen hoffe ich, dass sich das BANDS BATTLE etabliert hat und ich auch im nächsten Jahr wieder dort auflaufen kann. |